Bordeaux 2025

Bordeaux

Das Maß aller Dinge?

Seit mehr als 150 Jahre sind die Weine aus der Region Bordeaux in Kennerkreisen beliebt, gescholten, alternativlos, verzichtbar, chic, versnobt, preiswert, überteuert, und doch ist es in jedem Fachgespräch ganz vorne mit von der Partie. Nicht ohne Grund versteht sich, da die Urherkunft von Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Malbec und Petit Verdot jeder Weinepoche ihren Stempel aufdrückte.

Die Weinregion im Südwesten Frankreichs direkt am Atlantik war immer eine Art Versuchslabor für alle Entwicklungen rund um den Wein. Ob Weingarten, Verarbeitung oder Vermarktung, jede Neuerung ging von dort aus oder wurde perfektioniert. In den Anfängen erkannten die Winzer die Schwierigkeiten der Jahrgänge und die daraus folgenden geschmacklichen Unterschiede, durch die Vermischung (Cuvee) der unterschiedlichen Rebsorten gelang es ihnen diese Unterschiede zu minimieren und einen eigenen Stil zu entwickeln.

Napoleon III nützte diese klar an Weingüter gebundene Qualität um 1855 die erste Klassifizierung für das linke Ufer (umfasst weitestgehend die Gebiete Medoc, Haut Medoc, Graves, Pessac-Leognan) vorzunehmen, welche bis auf eine einzige Änderung bis heute Bestand hat. Die Reblaus Katastrophe im Jahr 1870 wurde durch den Rettungsversuch der Winzer die gesunden Reben aus Bordeaux nach Spanien zu verpflanzen über ganz Europa ausweitet. Im Wiederaufbau fruchteten die Versuche auf amerikanische Unterlagsreben die Klone der europäischen Reben aufzupfropfen. Barriquefässer, Gärständer, Rebler, …… all das wurde hier mitentwickelt.

In der Vermarktung erkannten die Bordeaux-Winzer sich die Dienste von professionellen Verkäufern zu Nutze zu machen und so waren die Handelshäuser geboren, die den Verkauf für Bordeaux über die ganze Welt organisieren. Manche Weine wurden zu blue-chip Aktien, vor allem die 5 1er Grand Cru Classé aus großen Jahrgängen, die erst letzten Jahren am Plafond der Preisentwicklung angelangt. Auch die weltweite Weinkrise macht vor den Weinen nicht halt, jedoch reagiert Bordeaux auch hier entgegen dem weltweiten Wettbewerb und hat die Preise für den Jahrgang 2023, der ebenso gut bewertet ist wie der Vorgängerjahrgang um bis zu 30% gesenkt und somit ein klares Zeichen für die Weinwelt gesetzt. Es gebe noch viele Beispiele das Bordeaux für seine wichtige Rolle in der Welt des Weines beschreiben könnte, die angeführten Punkte zeigen das Bordeaux das Maß aller Dinge in Sachen Wein ist.

Bordeaux verstehen

Was ist das mit dem linken und rechten Ufer?

Um einen guten Einstieg in die Materie zu liefern, möchten ich mich dem Bordeaux zunächst geografisch nähern: Die westlichste Weinregion Frankreichs befindet sich nicht nur in der Nähe der gleichnamigen Stadt, sondern sie liegt auch an den Flüssen Garonne und Dordogne, die sich dort zur Gironde vereinigen. Schaut man von oben auf eine Karte des Bordeaux, so kommen die Garonne und Dordogne von „rechts unten“, fließen zur Gironde zusammen und münden dann „links oben“ ins Meer. Dadurch ergibt sich ein linkes und ein rechtes Ufer und genau diese beiden Ufer helfen dem Weinfreund bei der Orientierung in Sachen Rebsorten im Bordeaux. Noch einmal zum Merken: Der Blick in Richtung Mündung bestimmt, was links und was rechts ist.

Es ist eigentlich ganz einfach: Appellationen, also Anbaugebiete, auf der linken Gironde- und Garonne-Seite produzieren Weine, die durch die Rebsorte Cabernet Sauvignon dominiert werden – nicht selten verschnitten mit Merlot und Petit Verdot. Auf diesem „linken Ufer“ liegt auch die wohl bekannteste Appellation des Bordeaux, das Médoc. Auf der rechten Gironde- und Dordogne-Seite dominiert in der Regel der Merlot die Weine – in vielen Fällen noch mit Cabernet Franc zur typischen Bordeaux-Cuvée vermählt. Das kleine, aber feine Pomerol sowie die Appellation Saint-Émilion genießen hier den besten Ruf.

Die Bordeaux-Klassifikation von 1855

Tradition verpflichtet

Das von Napoleon III. eingeführte Klassifikationssystem dient Weinfreunden bereits seit 1855 zur Orientierung. Auch heute noch eine gute Idee, zumal wir es aktuell im Bordeaux mit einer Anbaufläche von rund 110.800 Hektar zu tun haben, auf der rund 3.000 Châteaux etwa 5,7 Million Hektoliter Wein pro Jahr produzieren. Nur zur Einordnung: Die gesamten Rebflächen aller österreichischen Anbaugebiete zusammengenommen entsprechen weniger als die Hälfte  der Größe der Weinregion Bordeaux. Die Klassifikation von 1855 berücksichtigt aber nur das linke Ufer und zudem nur Weingüter aus dem Weinbaubereich Médoc und seinen Appellationen, da sie damals die besten Weine hervorbrachten. Dabei wurde nur eine Ausnahme gemacht, denn das in der Klassifikation berücksichtigte Château Haut-Brion ist im südlicheren Pessac-Léognan beheimatet. Aber wie wurde die Klassifikation genau festgelegt?

Zur Weltausstellung 1855 in Paris entschied der wichtigste Zusammenschluss von Weinhändlern im Bordeaux über die Vergabe der fünfstufigen Klassifizierung sehr pragmatisch: Nicht etwa wurden die Weine „gegeneinander“ verkostet, vielmehr wurde der Ruf der einzelnen Weingüter in Betracht gezogen, aber vor allem waren die damals für die Weine erzielten Marktpreise entscheidend. Seitdem kam nie ein weiteres Weingut hinzu, und ebenso wenig musste eines der Weingüter diesen Status aufgeben.

Lediglich 1973 gab es eine Änderung, als nämlich das Château Mouton-Rothschild vom Deuxiéme Grand Cru Classé zum Premier Grand Cru Classé aufstieg. In dieser historischen und dennoch aktuellen Klassifikation in fünf Qualitätsstufen mit insgesamt 61 Häusern finden sich dann auch all die Namen wieder, die das Herz eines Weinfreundes höher schlagen lassen.

Süßweine, Saint-Emilion und Pomerol

Wie bereits beschrieben, deckt die Rotwein-Klassifikation von 1855 nicht alle Appellationen im Kerngebiet des Bordeaux ab, weshalb noch weitere Klassifikationssysteme in den Nachbarregionen entstanden. Ebenfalls aus dem Jahr 1855 stammt die Klassifikation der weltberühmten Süßweine aus Sauternes und Barsac. Hier existieren allerdings nur drei Kategorien: Premier Grand Cru Classé mit elf Weingütern, fünfzehn Châteaux mit Deuxième Grand Cru Classé-Status sowie die über allem thronende Klassifikation als Premier Cru Classé Supérieur, die einzig und allein dem legendären Château d’Yquem zuteil wird.

Die am „rechten Ufer“ gelegene Rotwein-Appellation Saint-Émilion ließ sich in Hinblick auf eine Klassifizierung Zeit. Erst hundert Jahre später als seine „linken“ Nachbarn, nämlich 1955, klassifizierten sie ihre Weine. Allerdings ist man im Saint-Émilion etwas weniger traditionsbewusst und stärker an einem echten Qualitätssiegel interessiert. Daher wird die Klassifikation im Schnitt alle zehn Jahre angepasst. Über 50 Jahre lang standen mit Château Ausone und Château Cheval Blanc zwei Weingüter einsam an der Spitze, sie erhielten regelmäßig die höchste Klassifikation: Premier Grand Cru Classé A. Erst mit der Klassifikation von 2012 gab es mit Château Angélus und Château Pavie zwei Neuzugänge in der Eins-A-Etage.

Doch schon bald danach erklärten Château Cheval Blanc, Château Ausone und Château Angélus an der 2022er-Bewertung nicht mehr teilnehmen zu wollen. Deshalb werden seit 2022 nur noch Château Figeac und Château Pavie als Premier Grand Cru Classé A geführt. Immerhin zwölf Weingüter sind als Premier Grand Cru Classé B eingestuft: Château Beau-Séjour Bécot, Château Beauséjour Héritiers Duffau-Lagarrosse, Château Bélair Monange, Château Canon, Château Canon-La-Gaffelière, Château Larcis Ducasse, Château Pavie-Macquin, Château Troplong-Mondot, Château Trottevieille, Château Valandraud, Clos Fourtet und La Mondotte. Insgesamt 71 Châteaux wurden zudem als Grands Crus Classé eingestuft.

Die benachbarte und kleinste Appellation im Bordeaux namens Pomerol hatte in Sachen Klassifizierung „Glück“: Erst Anfang des 19. Jahrhundert wurde die Weinwelt auf die meist aus 100 Prozent Merlot produzierten Weine aufmerksam. Zudem ist das Gebiet so klein, dass eine Orientierung ausnahmsweise auch ohne Klassifikation möglich ist. Das wirklich besondere an dieser 800 Hektar großen Appellation ist die Tatsache, dass von hier einige der besten und teuersten Weine des Bordeaux überhaupt stammen. Allen voran Château Petrus, das unter Kennern Weltruhm genießt.

Mein Stück Magazin:

für zu Hause

Wir freuen
uns auf Sie!

Statten Sie uns einen Besuch ab und tauchen Sie ein,
in eine Welt voller Geschenke.